Wenn man auf das bisherige Jahr zurückblickt, fallen einem im Kontext Auffälligkeiten mehrere Dinge auf. Zum einen ist das Jahr schon fast wieder um und während wir bei über 30 Grad in der Sonne bruzelten, wurden beinahe schon wieder Weihnachtsmänner verkauft.
Zum anderen, wenn man genau hinsieht, hatten wir zwei große Sondereffekte, die kaum jemandem aufgefallen sind. Google ist mit der neuen Job Funktionalität online gegangen. Klar – das war kaum zu übersehen, aber seitdem spielen wir „Still ruht der See“ – zumindest kommunikativ und was die Umsetzung angeht. Parallel unterwandern die Music-based-Networks ganz Deutschland. Aber lassen Sie uns jeweils einen näheren Blick auf die Themen werfen.
Google for Jobs
Ich will nicht die ganzen Posts und Tips wieder hervorkramen, sondern einmal nüchtern die Situation bewerten. Da wird „etwas“ beinahe über zwei Jahre gehypt und angekündigt. Mythen, Sagen und Geschichten umgeben es bereits. Dann kommt der Tag der Tage und G4J geht live und beinahe mit einem Schlag ist es ruhig um die neue Jobsuche, die Deutschland verändern wird. Es liegt mir fern Panik zu machen, aber mein Eindruck ist auch nicht, dass alle sich bereits vorbereitet haben, und „weil´s überall läuft“, gibts nichts mehr zu sagen. Nach wie vor kann es natürlich sein, dass die Jobsuche über Google sich nicht durchsetzen wird. Klar, die Zukunft in diesen disruptiven Zeiten vorherzusehen, geht schon gegen unmöglich. Henner Knabenreich hatte allerdings in mehreren Posts sehr anschaulich die Gründe hervorgehoben, warum es sich ggf. dennoch lohnen würde, sich dem Thema zu widmen. Für diejenigen, die sich ernsthaft mit einer strukturierten Umsetzung im eigenen Unternehmen beschäftigen wollen, hat Absolventa ein Whitepaper entwickelt, welches HIER zum Download zur Verfügung steht. An der neuen Jobsuche zu partizipieren, ist zunächst nicht schwierig.
Wer aber heute noch auf den Moment wartet, an dem die Welt auf Google for Jobs umschaltet und alles darüber läuft, wird noch lange warten. Die schleichenden Hypes sind die gefährlichsten. Der Moment wird nicht eintreten. Genauso wie es keinen expliziten Moment gab, als das Recruiting Mobile wurde. Vor ca 3 Jahren verlautete Google, dass der Mobile Moment erreicht worden sei – der Moment als in Deutschland mehr Suchanfragen an Google über Smartphones gestellt wurden, als über alle anderen Geräte in Summe – im Recruiting hat es kaum jemanden interessiert. Heute nimmt Mobile Recruiting einen wesentlichen Bestandteil ein und dennoch würde es in vielen Fällen kaum jemand explizit als mobile Recruiting bezeichnen.
Kein Google for Jobs – Kein Grund zur Panik
Google for Jobs wird sich einfach in unseren Recruiting Alltag einfräßen und die, die es zu spät bemerken, werden eben erst später von den Vorteilen profitieren. Durch die verschiedenen Varianten, die mir zur Verfügung stehen, um an G4J zu partizipieren, muss ich auch nicht umgehend alle Pferde scheu machen.
Dadurch, dass dieses Thema schleicht, hab ich Vor- und Nachteile zugleich. Einerseits muss ich nichts übers Knie brechen, andererseits sollte ich den Moment nicht verpassen, wo es dann richtig weh tut. „Richtig weh tut“ muss jedes Unternehmen für sich definieren. Je schwerer es mir fällt, meine Stellen zu besetzen, desto schmerzhafter ist es natürlich, einen Kanal wie Google zu ignorieren. Zudem kann ich diesen Kanal nicht unbedingt aus dem Stand direkt top bedienen. Mir werden sehr wahrscheinlich Erfahrungswerte, die ich erst noch sammeln muss.
Schleichende Trends sind Fluch und Segen zugleich.
Music-Based Social Networks
Ich muss zugeben, dass ich noch keinen adäquaten Begriff für die Social Networks rund um TikTok gefunden habe. Sie vereinen scheinbar YouTube, Instagram und haben ein bisschen was von Vine. Der Fokus liegt eindeutig auf Kurz-Videos, die meist mit Musik hinterlegt werden. Ursprünglich von Musical.ly 2015 in die Welt gebracht, habe wir heute Netzwerke wie TikTok, Likee oder Lasso, die zunehmend mehr Nutzer in ihren Bann ziehen. Während HR noch ganz langsam überlegt, ob TikTok überhaupt etwas sein könnte, übernimmt das Netzwerk die Zielgruppe der Schüler und die der Facharbeiter. Die Zahlen sind noch verhältnismäßig klein, aber das Wachstum ist beeindruckend. In der aktuellen Schüler-Studie von Trendence (das Schüler Barometer) wurde das Netzwerk erstmalig abgefragt. Auch hier spiegelt sich noch keine Verdrängung von WhatsApp und Co ab, aber diese sollte man auch gar nicht erwarten. Die Netzwerke dienen verschiedenen Nutzer Szenarien. Der klassische Messenger (u.a. WhatsApp) wird niemals durch ein modernes Video-Netzwerk wie TikTok oder Likee abgelöst werden (Achtung: sage niemals NIE ;)). Die User Stories sind einfach zu unterschiedlich, als dass man dieselben Bedürfnisse abdecken könnte. Hierdurch entsteht ein weiterer Schleich-Effekt. Man wartet darauf, dass TikTok & Co auf Platz 1 rutschen. Aber das wird noch lange dauern, wenn überhaupt. Die notwendige Relevanz, sich heute schon mit den neuen Playern auseinander zu setzen, besteht jedoch bereits, wie das Trendence Schüler Barometer beweist.
Und wenn man mal intensiv auf TikTok sucht, findet man schon die ersten Gehversuche einiger Firmen im Kontext Recuiting. Ein Positiv-Beispiel ist die DFS, die auch mit anderen Themen bereits in der Vergangenheit extrem überrascht hat. Blicken wir beispielsweise auf Influencer Marketing, so hatte die DFS hier einen wunderbaren Best Case vor einiger Zeit auf der dee:p präsentiert. Heute beweisen sie erneut ein gutes Gespür und testen eine neue Art der Kommunikation, lange bevor es andere tun werden.
Schleichende Hypes wird es immer wieder geben und im Wesentlichen kann man drei einfache Handlungsempfehlungen geben, um mit diesen umzugehen.
Tipp 1
Versuchen Sie, über diverse Medien auf dem Laufenden zu bleiben. Hierzu eigenen sich auch im Bereich Talent Acqusition sogenannte Trend Scouts. Das muss nicht großartig aufwendig umgesetzt werden. Mit ein paar einfachen Kniffen lässt sich das Netz „leicht“ überwachen, oder man kauft alternativ hin und wieder Daten und Themen ein. Die neu eingeführten Trend Reports auf trendence.com können ebenfalls ein Baustein für eine HR Trendscouting Strategie sein.
Tipp 2
Gleichen Sie stets die Trends mit Ihren Zielgruppen ab und bewerten Sie diese. Nicht jeder noch so große Trend hat auch einen tatsächlichen Mehrwert für Sie, der sich rechnet. Gehen Sie möglichst unemotional an die Bewertung.
- Betrifft der Trend bereits eine relevante Anzahl Ihrer Zielgruppe (für mich beginnt in diesem Kontext Relevanz bei 10%-15%)?
- Welchen Aufwand sind Sie bereit zu investieren, um diese Anteil Ihrer Zielgruppe zu erreichen? Will ich First-Mover sein?
- Wie bewerten Sie die Durchsetz-Wahrscheinlichkeit des Trends? (Beispiel TikTok: bereits weitere Netzwerke übernehmen den Trend der Music-Based Network Struktur)
Auf diese Weise kann man sich einmal die Karten legen und sinnvoll entscheiden, ob man dabei sein will oder nicht bzw. ob man First-Mover sein will oder nicht.
Tipp 3
Wenn die Fragestellungen Sie an den Punkt der Umsetzung gebracht haben, nutzen Sie den Gedanken des MVP (Minimum Valuable Product). Es geht im ersten Schritt – nur wenn Sie eine(r) der/ die ersten sind – darum, Erfahrungen zu sammeln und sich dem Trend zu nähern. Man könnte fast von „Forschung“ sprechen. (Beispiel G4J: Sorgen Sie erst einmal dafür, dass Ihre Stellenanzeigen dort landen. Dann können Sie verschiedene Wege und deren Performance vergleichen. Anschließend betrachten Sie die „neue“ SEO, die ggf. in der Link-Tipp-Box existiert und dann können Sie beginnen die verschiedenen Bereiche der Anzeige zu optimieren (z.B. die Arbeitgeberbewertungen, Standortübermittlung, Gehaltsangabe, etc.) )